Erwachen ist etwas schönes. Es ist wie geboren werden, dachte die Frau, immer und immer wieder geboren werden.
Es war Sonntag und weil das Erwachen besonders schön war dann galt dasselbe auch für das Einschlafen am Samstagabend. Aber das fühlte sich, um die Metapher nicht unnötig zu weit zu ziehen, nicht an wie gezeugt werden.
Die Woche war eine an Kräften zehrende gewesen, viel Arbeit und viel Schweiss, die Frau atmete noch einmal erschöpft aus und wollte sich in die bequeme Seitenlage bringen.
Da lag jemand.
Da lag ein Mann, da, auf ihrem Bett. Die Frau schreckte hoch und konnte ihr Losschreien noch knapp unterdrücken, sie kniff ganz fest ihre Augenlider zusammen und versuchte den Anblick kopfschüttelnd zu vertreiben.
Es führte nicht zum Ziel, hatte er schon die ganze Nacht da gelegen? Sicher war sie sich, dass er zumindest am Samstagabend noch nicht da gewesen war, sie hatte den Einschlafakt alleine vollbracht, sein Gesicht konnte sie nicht sehen.
Sollte sie die Polizei informieren? Ja. Die Frau schlich langsam um das Bett herum und langte nach ihrem Telefonhörer.
Nun knirschte etwas.
Der Mann stöhnte traurig und drehte sich um, wickelte sich tiefer in die bunte Bettdecke ein und atmete erlöst aus. Sie liess angespannt den Hörer in ihrer Hand sinken, war er Asiate? Wahrscheinlich wusste niemand, dass er hier war. Vielleicht wusste er es selbst nicht. Würde sich später herausstellen, dass sie es auch nicht gewusst hatte?
Die Frau lag neben dem Mann und beobachtete seinen sich gemächlich hebenden und senkenden Brustkorb. Ja, er war Asiate, aber nicht nur. Die Frau konnte alle weiteren Zutaten nicht ausmachen, sie spürte die Anspannung, die freudige Gespanntheit des Verbotenen und konnte ihren Blick nicht mehr abwenden.
Ein wohliger Schauder lief ihr jedesmal über den Rücken, wenn er ein Geräusch von sich gab.
Da wurde ihr bewusst, dass eigentlich ein Fremder in ihrem Bett lag und sie fesselte ihn mit dicken Stricken an das Holzgerippe aber er erwachte nicht davon.