ungefähr
Die Uhr in seinem Zimmer schlug, obwohl sie digital war und nichts Schlagbares besass, sieben. Und darauf ertönte auch Musik. Aus dem Wecker.
Es würde ein guter Tag werden, denn es lief sein Lieblingslied, schon älter, immer noch gut aber.
Beide Mundwinkel nach oben gezogen lief er zum Badezimmer, liess etwas kühles Wasser in die Schüssel laufen, die er mit den Händen formte und klatschte sich den neu geschaffenen See ins Gesicht. Mit geschlossenen Augen stützte er sich auf den Waschbeckenrand und wandte sich dem Spiegel zu. Er liebte es, darin zu beobachten, wie die Tropfen über seine Wangen perlten. Doch heute war das Licht seltsam, irgendwie kam ihm seine Haut so blass vor, die Augen glänzten auch nicht so grün wie sonst, sie schimmerten eher blau.
Morgen. Arbeit. Chef. Arschloch. E-Mail. Gedanke. Arschloch. Mittag.
Als er den Mantel auszog und an den dafür vorgesehenen Bügel hing, fiel es ihm erneut auf. Das konnte doch nicht sein; seine Augen waren immer schon grün gewesen, nicht gemischt, klar grün. Und jetzt strahlten ihm zwei leuchtend hellblaue Iris entgegen. Das Licht war normal, er musste es wissen.
Hastig blätterte er in Fotoalben des letzten Jahres. Da musste man doch irgendwo seine Augenfarbe klar und unzweifelhaft erkennen können.
Berge, Grosseltern, Schwiegereltern, See. Da, Er! Klar und deutlich erkannte man die blauen Augen.
Er sah auf, etwas sprachlos. Sogar etwas gedankenlos. Bilder lügen schliesslich nicht. Und er stellte das Album zurück, setzte sich zu seiner Frau an den Mittagstisch und schaufelte sich einen Berg Kartoffelpüree auf den Teller.
"Ist dir nichts aufgefallen?", fragte er nebenbei. Kauend sah seine Frau auf, sie lachte.
"Heute also blau!", grinste sie und wandte sich erneut ihrem Teller zu.