Mein Bruder hustet oft. Deshalb braucht er auch oft Medikamente, etwa drei Mal in der Woche.
Dazu gehört jeweils eine kleine weisse Pille, eine Creme, die ganz toll nach den frischen Gartenkräutern in Omas Beet duftet und zwei Löffel Hustensaft.
Der Hustensaft war mild orange und stand immer auf dem Gestell zwischen Küche und Esszimmer, damit man ihn nicht vergass wie einen entfernten Verwandten, den man sowieso nie mochte.
An einem Mittwoch sah der Hustensaft, und das bemerkte mein Bruder zum Glück noch bevor er ihn schluckte, irgendwie anders aus. Die Pille lag im Magen und der Kräuterduft in der Luft, nur der Hustensaft war seltsam, kleine weisse Brocken waberten langsam im zähflüssigen Saft herum.
Meine Mutter reagierte abrupt, das Medikament war schliesslich teuer genug gewesen.
Ich solle nur kurz draussen warten, sie sei gleich zurück mit einem frischen Hustensaft. Das hatte sie also gesagt und war in der Dorfapotheke verschwunden.
Vor etwa einer halben Stunde war das nun schon gewesen; sie war nicht zurück. Wahrscheinlich in eine Diskussion verwickelt, so wie es ihre Art war.
Ich seufzte und setzte mich auf einen Stein, bis wieder zwanzig Minuten vergangen waren. Ich beschloss nachzusehen und trat zögernd über die Schwelle. Der freundliche Oberapotheker wusste nichts von meiner Mutter, er kannte sie nicht einmal. Und jemand, der auf meine grobe Beschreibung passte, war heute sicherlich nicht im Laden gewesen.
Völlig verwirrt ging ich nach Hause und sprach meinen Bruder auf Mutter an. Er schaute mich entgeistert an, ob ich es denn vergessen hätte. Sie ist vor sechs Jahren gestorben, an verdorbenem Hustensaft. Und wo ich denn die ganze Zeit gewesen sei. Ich murmelte etwas von Formalitäten und ging schlafen. Im Traum ging ich auch schlafen.