loyal

Mit dem rechten Arm wischt sich der Mann Schweiss von der Stirn. Nützt wenig, seine Ärmel sind schon vollgesogen. Was gäbe er für einen Schluck Wasser. Doch der Rhythmus kennt keine Gnade.

Tschk, Tschk.

Die Rassel des Herrn erfüllt sein Herz mit Mut. Jetzt nicht aufgeben.
Die Sonne kratzt an seiner Haut.

Tschk, Tschk.

Langsam setzt er seinen linken Fuss vor, die breite Treppe aus Sandstein führt steil nach oben. Die Sonne kratzt an seiner Haut.

«Für den Herrn!», versucht der Mann zu rufen. Seine Stimmbänder sind Sandpapier, die Worte ein schwaches Krächzen. Sand und Staub wirbeln durch die Realität, Wasser nur ein Traum aus einem vergangenen Leben. Irgendwo im heissen Smog antworten müde Stimmen: «Für den Herrn!»

Tschk, Tschk.

Die Rassel wird lauter. Er ist auf dem richtigen Weg. Nicht, dass er eine Wahl hätte, es geht nur nach oben, Sandsteinstufe um Sandsteinstufe. Der Takt des göttlichen Instruments bringt seine kleinsten Ohrknöchelchen in Schwingung: Den Hammer, den Steigbügel, den Amboss. «Für den Herrn!», ruft er noch einmal und schleppt sich voran.

Der Beutel lastet schwer auf seinen Schultern, auf seinem Willen. Doch er zögert nicht.
Der Herr weiss, wieso er den Beutel benötigt, die Sonne kratzt an der Haut des Mannes, nicht aber an seinem gläubigen Herzen.

Tschk, Tschk.

Die Rassel führt ihn. Der Herr braucht den Beutel. «Wir zählen auf dich!», hatte seine Frau gesagt, als er die Last geschultert und die Schuhe geschnürt hatte. «Der Herr wird dich belohnen.» Die Kinder hatten nur geschwiegen, als er die Hütte verlassen hatte, nur geschaut, mit dunklen Augen. Der Nebel ist dichter geworden, er erkennt nichts mehr, nicht einmal seine wunden Füsse, die eine schmierige Blutspur auf dem heissen Stein hinterlassen.

«Es wird sich lohnen!», murmelt der Mann zu sich und geht voran.

Einen Abend gibt es nicht. Die Sonne schreit immer gleich laut. Doch nun ist der Mann am Ziel, er steht vor dem Altar. Die Rassel des Herrn, gross wie ein Baum, schwingt im stillen Wind, ebnet den Weg für alle Gläubigen, regelmässig, zuverlässig, starr. Sie ist oben geöffnet, ein Loch gähnt dem Mann entgegen wie der Rachen einer Schlange. 

Er weiss, was er zu tun hat. Seine schmutzigen Finger öffnen die Schnüre des Beutels, den er hier hochgetragen hat. Er ist gefüllt mit schwarzen Kugeln, Blei, Dunkelheit. Der Mann schüttet sie alle in das Instrument. Die Sonne kratzt an seiner Haut.

Auf dem beschwerlichen Rückweg ist das Rasseln unmerklich lauter geworden.